Pharrell Williams - GIRL

Smi Col (Sony Music) / VÖ: 3.3.2014

Smi Col (Sony Music) / VÖ: 3.3.2014

Müsste ich Pharrells zweites Soloalbum mit einem Wort beschreiben, wäre es wohl: “Meh.” Und dass ein nicht unbeachtlicher Teil der (US-amerikanischen) Musikmedienlandschaft das nicht erkennt, zeugt wohl von ihrer eigenen Mittelmäßigkeit.

Es ist eigentlich fast schockierend, dass einer erfolgreichsten Produzenten der letzten 20 Jahre, der den Sound einer Generation prägte, dessen Werk als eine Hälfte von The Neptunes als revolutionär und visionär gilt, etwas so abgeschmacktes, langweiliges und, nun ja, mittelmäßiges herausbringen kann.

Nicht, dass Pharrells Karriere bis jetzt immer perfekt gelaufen wäre - Mitte der Nullerjahre, nach einem kommerziell erfolglosen und von KritikerInnen eher ungeliebten ersten Soloalbum, zog er sich aus dem Rampenlicht zurück, produzierte hier und da. Fast hatte man ihn vergessen, da kam der Sommer 2013 und damit sein Mainstream-Comeback mit “Blurred Lines”, “Get Lucky” und “Happy”.

Umso enttäuschender (wenn nicht gerade überraschend) ist wohl, was soeben von gewissen Kreisen als eines der wichtigsten Alben des Jahres gehypt wird. Dass der Veröffentlichungstermin vorverlegt wurde, legt den Verdacht nahe, man wolle noch möglichst viel Umsatz aus seinem sommerlichen Erfolg schlagen, bevor sich kritische Stimmen melden. Dabei ist Pharrell ein durchaus begabter und charmanter Entertainer, der definitiv das Zeug zur Solokarriere hätte.

Musikalisch orientiert sich GIRL am Disco, Funk und RnB der 70er- und 80er-Jahre. Das Vorbild Michael Jackson ist nur all zu deutlich erkennbar, die musikalischen Referenzen sind endlos. Komplexe Melodien, aalglatter Maximalismus und luxuriöse Ausschweifungen dominieren. Alles sehr tanzbar, alles temporär glücklich machend - aber eben absolut seelenlos. Ausgefeilte Produktionen helfen aber nicht darüber hinweg, dass hier Retro-Pop-Kitsch der Easy-Listening-Sorte vekauft wird.

Der Vergleich mit Justin Timberlakes letztjährigem “The 20/20 Experience” - welches treffenderweise als Kaufhausmusik bezeichnet wurde - liegt auf der Hand, auch wenn sich Pharrell im Gegensatz zu diesem zumindest bei den Songlängen zurücknimmt. Das eigentlich Schlimme ist aber, dass eine beim Hören das Gefühl beschleicht, man hätte das alles schon mal gehört - und zwar von Pharrell selber. Nur besser. Und vor zehn Jahren.

Zur Lyrik selber kann man nur sagen: Die war noch nie Pharrells Stärke. Kitschig, billig, klischeebelastet. Zwar bezeichnet er die Thematik des Albums als “Ode an Frauen”, aber einmal “Hunter” (“Just because it’s the middle of night / That don’t mean I won’t hunt you down”, “If I can’t have you, nobody can”, “Taxidermy is on my walls / With the full description of the killin’ calls”) anspielen reicht, um stark zu bezweifeln, dass er Lehren aus “Blurred Lines” gezogen hätte. Und zu behaupten, der Song wäre aus der Perspektive einer Frau geschrieben, ist ja auch mal eine unoriginelle Ausrede. Das Gegenteil von gut ist gut gemeint, und wer Feminismus für sich beansprucht, sollte sich vielleicht vorher auch damit beschäftigt haben.

Fazit: Was am Ende bleibt? Das diffuse Gefühl, noch immer nicht zu wissen, wer oder was der neue Pharrell Williams eigentlich ist. Ich hoffe mal auf das nächste Album.

(OWL)

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