Lakmann zeigt Szene & Industrie den Mittelfinger // Review

Eartouch Ent./VÖ: 29.01.2016

Eartouch Ent./VÖ: 29.01.2016

So viel die KC Rebells, Shindys, Bushidos, Farid Bangs und Kollegahs dieser Szene auch verkaufen mögen, deutscher Underground bleibt bestehen. Nur wenige Leuten stehen dabei so sehr für diese Sparte wie Lakmann. Trotz des Zuspruches einiger Kollegen findet das ehemalige Mitglied von Creutzfeld & Jakob schon lange Zeit auf einer sehr kleinen Plattform statt. Auch ohne viel Aufmerksamkeit seitens der Medien, strahlt er eine Mischung aus Arroganz und Selbstsicherheit aus. Mit “Aus dem Schoß der Psychose“ durchbricht Lakmann nach längerer Zeit wieder die Tore des Untergrunds, um uns seine neue Musik zu präsentieren.

Frei von modernen Trends hält er seine Beats ziemlich simpel – obwohl manchmal mehr Inszenierung gut getan hätte. Auch ohne das große Spektakel herbeizubeschwören, fesseln die Instrumentals häufig mehr als so manch ausproduzierte Produktion bekannter Rapper. Zudem unterstreicht diese Herangehensweise nur die Ignoranz des Wittener Rappers. Diese zeigt sich auch darin, wie er über Szene und Musikindustrie denkt. Für beide hält er stets einen Mittelfinger bereit. In der anderen Hand befindet sich gleichzeitig der geliebte Joint. Lakmann hat an vielem etwas auszusetzen. So erklärt er in “Ich hab genug Zeit“ äußerst unterhaltsam, was er von Doubletime hält. Verfeinert wird diese starke Leistung durch eine wahre Ohrwurmhook:

„Ich rappe nicht Doubletime, ich habe genug Zeit. Ich rappe nicht Doubletime, ich hab genug Zeit. Ich rappe nicht Doubletime, ich hab genug Zeit. Ich hab genug Zeit. Ich hab genug Zeit. Ich Ich rappe nicht Doubletime, ich hab genug Zeit. Ich rappe nicht Doubletime, ich hab genug Zeit. Ich rappe nicht Doubletime, ich hab genug Zeit. Ich hab genug Zeit. Ich hab genug Zeit.“

Liest sich simpel und primitiv? Ja, ist es auch, aber funktioniert genau so perfekt. Lakmann hält sich für den besten Rapper und fordert deswegen auf “Runter von meinem Thron“ die anderen MCs dazu auf, Platz zu machen. Erneut bedient er sich an einer sehr simpel gestrickten, aber schon wieder verdammt effektiven Hook. So sehr Lakmann sich und seine Fähigkeiten zelebriert, sind auch einige ruhigere Töne auf dem Werk vertreten. Nein, das ist keineswegs besonders fortschrittlich, fesselt jedoch trotzdem durch die unverfälschte Art des Untergrund-Rappers. Der Wittener zeichnet an einigen Stellen das Bild eines verzweifelten Mannes, an dem die Zeit vorbeigezogen ist. Das deprimierte “Unschärferelation“ zeigt, wie Lakmanns Art auch auf nachdenklichen Tracks hervorragend funktioniert. Folgende Zeile aus dem Song beschreibt dabei die Tragik des Witten-Untouchable-Mitglieds perfekt: „Er denkt an Club 27, bis er bemerkt ‘yo ich geh schon auf die 40’.

Leider gibt es auch einige Kritikpunkte. Die 60 Minuten Spieldauer füllt Lakmann nicht immer hörenswert aus. Manch Track plätschert trotz ein, zwei amüsanten Zeilen eher vor sich hin, anstatt wirklich einen langfristigen Eindruck zu hinterlassen. “Kriegsberichte“ zum Beispiel stellt letzten Endes eher ein durchschnittliches Mittel dar, um zu zeigen, wie schlecht das eigene Leben doch ist. “Ich mach alleine“ dagegen glänzt zwar durch Intensität, fällt jedoch deutlich zu kurz aus. Auch sein eigener Flow erweist sich nach einer Stunde als ein bisschen mühselig, obwohl genau dies einen Großteil seines Charmes ausmacht.

Fazit: Rappen kann Lakmann hervorragend und unterhält durch amüsante Punchlines und Zeilen. Diese alle jetzt zu zitieren, würde deutlich den Rahmen sprengen. Letzten Endes bleibt “Aus dem Schoß der Psychose“ eine empfehlenswerte Reise in die einzigartige Welt von Lakmann.

Unser Interview mit Witten Untouchable findet ihr hier!

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3,5 von 5 Ananas

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