Vom Haschgiftspritzer zum Unguru: Monobrother Interview

Monobrother hat jüngst mit seinem zweiten Album “Unguru” eines der interessantesten Rap-Releases des Landes veröffentlicht. Schmäh, Wortschatz und der Wiener Hang zum Suderantentum dominieren dabei. Nun trafen wir uns zum ausführlichen Interview, in dem es unter anderem um den Haschgiftspritzer, Mostviertler Mobbing und den Verteilerkreisflavour ging.

Was bedeutet Unguru?
Unguru ist das Gegenteil von Guru. Es stand anfangs im Raum das Album Anti-Guru zu nennen, aber dieses Anti- ist ein bisschen negativer behaftet als Un-, und Un- ist auch österreichischer. Der Name hat sich im Laufe der Arbeiten am Album zurecht gebildet. Auch weil es ein pessimistisches und sehr schwarzmalerisches Album ist. Außerdem habe ich realisiert, dass keine besonders lehrreichen Passagen darauf zu finden sind. Dafür teile ich viel aus und begründe nicht wirklich etwas. Kurz gesagt ist es offensiv-schwarzmalerisch.

Haschgiftspritzer bist du also keiner mehr?
Haschgift spritzen tu ich nicht mehr offiziell, aber diese Mentalität bleibt einem natürlich ein Leben lang. Mein Freundeskreis hat sich auch nicht wesentlich geändert, sodass ich sagen könnte, dass ich vom Haschgiftspritzer zum Businessmenschen mutiert wäre.

Was ist das für eine Mentalität?
Das ist halt diese komplett verhiadlte Mostviertler Jugend gewesen, die nicht viel zu bieten hatte außer die Welt zu verfluchen, Menschen in zwei Kategorien einzuteilen und Haschgift zu spritzen. Es ist leicht die Welt zu verfluchen, wenn man sich dieser Moped-Gang-Jugend nicht anpasst. Wenn man abseits des Bierzelt- und JVP-Wahns sein Paralleluniversum aufzieht, wird man dann schnell als etwas abgestempelt…in unserem Fall als Haschgiftspritzer. Wir sind auch wirklich einmal von einem Bauern als solche bezeichnet worden. Er ist neben seinem Traktor auf der Straße gestanden, weil ihm der Sprit ausgegangen ist. Während wir mit so einem Hippie-VW Bus hupend und kreischend an ihm vorbeigefahren sind, hat er uns noch nachgeschrien: „Haschgiftspriter, gschissene!“.

Deine Jugend hast du also im Mostviertel verbracht?
Vom zwölften bis zum zwanzigsten Lebensjahr habe ich dort gelebt, davor und danach in Wien. Am Anfang war es ziemlich schwierig, weil man ja als Aussätziger gilt, wenn man von Wien ins Mostviertel zieht. Ich war dann zunächst einmal für ein halbes Jahr Mobbingopfer. Wenn jemand zu mir beispielsweise „Geh, gib ma die greane Schaa“ gesagt hat, habe ich das als Wiener, der nach der Schrift erzogen wurde, natürlich nicht gleich verstanden. Später bin ich aber dem Fußballverein beigetreten und sie haben gesehen, dass ich eigentlich ein recht passabler Kicker bin. Ab diesem Zeitpunkt haben sie mich in Ruhe gelassen, nach dem Motto: kicken kann er, trotzdem ist er ein depperter Mundl.

Als Unguru rappst du unter anderem, dass Wien „Austragungsort der Fremdschäm-WM“ wäre, andererseits gibt es aber viele Wiener Dinge und Personen, die dich faszinieren dürften. Wie passt das zusammen und was sind für dich die positiven und negativen Seiten Wiens?
Schwierige Frage… Da kann man sehr weit ausholen, oder auch nicht. Das Positive an Wien ist unter anderem, dass ich die Stadt einfach kenne und hier aufgewachsen bin. Irgendein Magnet hat mich wieder hierher zurückgezogen. Diese Wiener Suderanten-Mentalität hat mich auch geprägt. Die Generation vor uns ist ja eigentlich noch von der Nachkriegsgeneration geprägt worden, die in ihrer Grundstimmung natürlich schon sehr melancholisch, schwermütig und drückend war. Bei der jetzigen Jugend-Generation ist diese Stimmung nicht mehr so vorhanden, was ich zum Beispiel stark an meinem achtzehnjährigen Bruder merke, der das überhaupt nicht mehr intus hat. Ich hingegen mag dieses Dunkle, Schwarze und Morbide. Dafür habe ich wahrscheinlich auch nur eine Schwäche entwickelt, weil ich ein Wiener bin. Wenn ich aus einer pulsierenderen Stadt kommen würde, würde ich das wahrscheinlich in die Minus-Sparte Wiens einreihen. Das ist auch bodenständiger, denn wenn man ständig mit dem Morbiden verbunden ist, ist man gezwungenermaßen erdiger als jemand, der ständig grundlos Jubelsprünge macht.

Zum Morbiden und Suderantentum gab es aus Wien beispielsweise von Qualtinger, Ambros, Danzer, Sowinetz und Hirsch schon viele Lieder. Haben sie dich beeinflusst?
Wesentlich weniger als alle immer vermuten. Ich höre mir zwar alle gerne an, es ist aber nicht die Hauptinspiration.

Wieso denkst du, dass das die Leute glauben?
Erstens weil ich einige von den Genannten in den Album-Danksagungen erwähnt habe. Ich höre mir natürlich gerne ihre Lieder an, aber es ist nicht so, dass ich mir denke, dass ich das 1:1 in eine Rap-Form kopieren muss. Ich lasse mich davon berieseln, so wie ich mich aber zum Beispiel auch vom Ketchup Song oder Johann K. berieseln lasse. Es ist nicht die Hauptquelle, an die ich mich verbissen festklammern würde. Natürlich taugt mir dieses Zynische vom Sowinetz, das Schwermütig-Bissige vom Qualtinger und das Melancholische vom Danzer. Diese Gesamtkunstwerke zu kopieren käme natürlich nicht in Frage. “Prinzessin g´spritzt” war eine Ausnahme. “Sei ned so g´spritzt” von Wolfgang Ambros war natürlich als Vorlage aufgelegt, weil man sehr oft mit solchen Mädls konfrontiert ist, wenn man regelmäßig unterwegs ist.

Glaubst du, dass du jene, um die es in “Prinzessin g´spritzt” geht, damit erreichst?

(lacht) Wenn ich jetzt ja sage, wird dieses Mädchen das lesen und mich sofort kreischend anrufen. Deswegen sage ich lieber, dass das eine fiktive Person ist, damit bin ich fein raus. Es hat mich zwar schon eine Person dazu inspiriert, sehr viel ist aber auch dazu erfunden. Wenn irgendein Mädel da draußen wirklich die ganzen Klischees erfüllen würde, dann Gute Nacht.

Deine Texte sind häufig modernisierungskritisch. Wie kann man sich als Rapper 2013 der Modernisierung verweigern? Stichwort Facebook, Internetauftritt, Öffentlichkeitsarbeit etc.
Berechtigte Frage. Wahrscheinlich hängt eh alles zusammen und mein Horizont reicht nicht soweit, aber für mich ist Facebook nur Mittel zum Zweck. Wenn ich keine Musik machen würde, dann wäre ich auch nicht mehr bei Facebook oder Twitter vertreten. Modernisierung ist eher im Sinn eines Charakterwandels gemeint. Es wird gesellschaftsklimatisch von Jahr zu Jahr kälter. Die politischen Parolen werden billiger. Das fällt mir auch deswegen ein, weil ich am Herweg eines der neuen FPÖ-Plakate gesehen habe. Die Leute werden so lange penetriert, bis sie an das Niveau der politischen Parolen 1:1 angepasst werden. Irgendwann verkörpern sie dann diese Attitüde, die irgend so ein Kickl entworfen hat. Bis der Zyklus dann weitergeht und sie dann irgendwann wirklich „Neger raus“ auf die Plakate schreiben. Ich sehe meinen Rap jedenfalls als gesellschaftspolitisch, der maximal Denkanstöße liefern soll. Mit dieser humorlosen Zeigefinger-Rhetorik kann ich hingegen nicht viel anfangen.

Ist das eine weitere Parallele zu Wiener Interpreten wie Helmut Qualtinger, Kurt Sowinetz oder Georg Danzer, die der Gesellschaft ebenso sehr stark diesen Spiegel vorgehalten haben?

Irgendwie schon. Aber die halten diesen Spiegel einer anderen Gesellschaft vor, nämlich der Nachkriegsgesellschaft. Uns würde ich hingegen als Vorkriegsgesellschaft bezeichnen. Ich will jetzt nicht den Verschwörungstheoretiker spielen, aber es beschleicht einen schon immer wieder so ein mulmiges Gefühl, dass es überall schon brennt und dass der Luftballon kurz vor dem Platzen ist. Südeuropa ist nicht mehr gar so weit entfernt.

Du machst dir also Sorgen um die politische Zukunft?
Vor allem um die politische Zukunft Österreichs, wobei die international gesehen sowieso vollkommen irrelevant ist. Ohne Sorgen wäre diese Platte wahrscheinlich gar nicht entstanden. Es ist eine Mischung aus Sorgen und dem Nicht-Wissen, wie man mit der Sorge umgeht und dann der Start von etwas Offensivem dagegen.

Das heißt dieser Schwermut und dieses Schwarzmalerische sind nicht etwas was in deinem Naturell liegt, sondern etwas, das mit den gesamtgesellschaftlichen Umwälzungen zu tun hat?
Ich glaube schon. Es ist ein Resultat meiner Umwelt. Wenn ich mir meine Eltern oder Großeltern anschaue, dann sind die eigentlich relativ heiter bis konstant gut gelaunt (lacht). Ich bin auch schon von meiner Mutter gefragt worden, warum ich immer so schwermütige Sachen mache und warum ich so zynisch bin. Sie fragt woher das kommt. Das kann ich aber am wenigsten selbst erklären.

Ist das nicht zwangsläufig ein Ergebnis bei Menschen, die sich mit der Gesellschaft beschäftigen?

Ja, außer du bist ein siebzigjähriger Historiker, der selbstgefällig im Club 2 sitzt, die Füße übereinander schlägt, seinen Chardonnay schlürft und dann seine Ergüsse zum Besten geben kann. Aber alles unter 50 hat eigentlich keinen Grund fröhlich zu sein, so deppat das jetzt klingt.

Rap war vor allem in seinen Anfängen sehr politisch. Im österreichischen Rap bist du auf Albumlänge aber eher die Ausnahme…

Ich muss kurz überlegen, wer mir dazu einfällt…

Oder anders gefragt: gibt es Seelenverwandte?
In Österreich? Wahrscheinlich nicht. Es gibt aber auch österreichische Rapper, die ich gut finde und die auf andere Art und Weise politisch sind. Ich finde das Radikale von Def Ill oft faszinierend. Sein politisches Engagement und sein Output sind ziemlich einzigartig, umso mehr wenn man sein Alter miteinbezieht. Kamp finde ich auch sehr angenehm, dieses subtil von hinten Herumdeuten, in welche Richtung es geht. Bei “Neue Mode” hat mir das sehr gut gefallen. Das Terroristische von Tibor Foco wäre hier auch zu nennen…also ich finde schon, dass österreichischer Rap generell politisch veranlagt ist, oder veranlagt sein könnte. Manche Menschen konzentrieren sich aber eher darauf, was ihre Zielgruppe hören will. Und die will natürlich eher diesen Battle-Shit hören. Oder Autodrom-Sound. Oder Heimat-Rap. Das Politische sollte man den Leuten aber ruhig zumuten, finde ich.

Ist dir Rap in Österreich zu unkritisch und unreflektiert?
Auf jeden Fall, das kann ich schon so unterschreiben. Österreichischem Rap wird es sehr schwer gemacht, weil er keine Aufmerksamkeit bekommt. Wenn er die kriegen würde, dann würden ein paar sogenannte Künstler auch eher in dieses Fahrwasser dieser, blöd gesagt, österreichischen Welle kommen. So wie es zum Beispiel Gustav, Binder&Krieglstein, Manuel Normal oder Attwenger machen. Bis auf Gustav rappen die auch alle mehr oder weniger. Ich vermute sie fühlen sich dabei aber keiner Szene zugehörig. Vielleicht ist das auch ihr Vorteil. Kaum outet man sich als Zugehöriger der HipHop Szene, ist man gleich gefangen in Netzwerken und Machenschaften. Du hast dann eigentlich keine Möglichkeit mehr einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich zu werden. Außer du bist wirklich so beständig und hartnäckig und hältst dich über zehn, zwanzig Jahre, so wie es Texta gemacht haben. Dann funktioniert das irgendwann schon. Sonst bist du nur der deppate Rapper, der für den Durchschnittsösterreicher einen unverständlichen Sound macht.

Aus dieser Spirale auszubrechen und zu versuchen, nicht gleich als Rapper identifiziert zu werden war kein Plan von dir?

Das habe ich bei den beiden bisherigen Alben nicht versucht, aber vielleicht ist das in Zukunft einmal eine Option. Ich werde dann vermutlich nicht Chakuza-mäßig über lila Wolken singen. Ah nein, das war Materia. Die wohlstandsverwahrloste Jugend, die auf Dachterrassen steht und Champagner schlürft…”und alles ist so schlecht und wir müssen uns noch zwei Lines ziehen, damit wir es packen”…das werde ich eher nicht ansteuern (lacht). Trotzdem: Drums weglassen und Schal umbinden ist keine Revolution.

Noch einmal zurück zur Prinzessin g´spritzt“: am Ende wird auch noch kurz die Originalnummer von Wolfgang Ambros eingespielt…hattet ihr keine rechtlichen Bedenken?
Es ist eh etwas gekommen: eine Lizenzgebührenverstoßrechnung von der AKM. Wir waren uns aber nicht sicher, ob es für „Er ist wieder da“ im Intro war, oder für „Sei ned so g´spritzt“. Wir haben uns eher gedacht für das Deutsche.

Hast du die Rechnung selbst bezahlt?
Die hat dankenswerterweise das Label übernommen (lacht).

Was hat es mit dem Honigdachs Label auf sich?
Ich bin das schon letztens in einem Interview gefragt worden und habe die Wörter Nachhaltigkeit und Struktur benutzt und bin mir daraufhin ganz schrecklich wie ein Politiker vorgekommen. Es sind Teile von der Boombokkz Crew dabei, die Wienzeile und die Decktales. Durch das Label wollen wir das Ganze übersichtlicher und strukturierter gestalten. Ich will nicht sagen, dass wir jetzt professionell agieren würden, weil das bedeuten würde, dass wir damit Geld verdienen würden. Wir wollen aber zumindest das rausholen, was drinnen ist. Das hat der Toni Polster auch schon mal gesagt (lacht).

Dein Album war der erste Release über Honigdachs…
Ja, leider Gottes.

Wieso leider Gottes?
Weil viele Kleinigkeiten falsch gelaufen sind. Das sind diese Momente, wo man sich denkt: wir hätten zuerst ein fiktives Werk rausbringen sollen, um zu schauen wie alles abläuft.

Das Release-Datum von Unguru…
Ich habe mir gedacht, dass der 28. Dezember ein gutes Releasedatum wäre, weil in diesem Zeitraum sonst nichts rauskommt. Die Dame vom Presswerk hat “super Datum!” geantwortet, als sie vom geplanten Veröffentlichungstermin gehört hat. Den beigefügten Zwinkersmiley habe ich anscheinend nicht richtig gewertet. Aber meine Güte, die CD ist dann eh erst am siebenten Jänner gekommen und die Platte Anfang Februar. Ich bin ja nicht der Nazar oder so, der eine Riesen Facebook Anhängerschaft hat und dann sagen kann: Leute am Montag kommt mein neues Album raus, bitte rennt alle Läden nieder. Außerdem gibt es das Album ja eigentlich gar nicht beim Saturn oder so. Die paar Monobrother-Sympathisanten haben es sich am ersten Tag über I-Tunes oder Bandcamp gesaugt. Die anderen kaufen es im Rahmen der Releaseparty.

Die mediale Resonanz war ja nicht so schlecht. Marcus Staiger hat “Haschgiftspritzer” rezensiert, es gab ein Backspin-Interview…
Das Backspin-Interview war irgendwas, eigentlich eine Farce. Eine gewisse Shana hat mir per Mail ein paar Fragen geschickt. Darin hat sich auch gemeint, dass ihr das Album sehr gefallen würde. Drei Tage später schreibt die selbe Shana in der Backspin-Plattenkiste, dass es eigentlich eh ein Scheiß-Album ist. Das ist so liebloser Rap-Journalismus. Für die bin ich natürlich ein weiterer 0815-Release und die verdienen ihr Geld damit. Ich bin zwar mit der bisherigen Resonanz zufrieden, es würde aber auf jeden Fall noch mehr gehen. Aus dem deutschen Raum ist natürlich wenig gekommen, weil ich dort schwer verständlich bin. Schade, dass der Staiger nicht mehr bei rap.de ist, weil der ja das erste Album ganz gut verstanden hat.

Zuvor hast du den Saturn erwähnt…eine zeitlang hast du ja selbst für Hoanzl gearbeitet…
Ja, da ist mir so einiges untergekommen. Ich lache jetzt zwar ein bisschen schadenfroh, aber ohne Namen nennen zu wollen, gibt es ein paar Künstler, nicht nur Rapper, die Musikförderung ohne Ende reingebuttert bekommen haben, wo aber einen Monat nach der Veröffentlichung von den 300 Platten die an den Saturn rausgegangen sind, 299 zurück ins Lager gekommen sind. Das war auch der Grund warum wir mein Album nicht dorthin geliefert haben. Kein Mensch geht zum Saturn und kauft sich ein Monobrother Album. So realistisch muss man schon sein. Die Arbeit im Lager war auf jeden Fall lehrreich. Das einzige was wirklich relevant für die Medienmärkte da draußen ist, sind irgendwelche zweite Weltkriegs-DVD Sets mit Handgranatenfeuerzeugset und so. NS-Dokus sind gegangen wie die warmen Semmeln. Österreichische Filme und Kabarett-Sachen gingen auch gut. Musik? Gar nix.

Wie intensiv ist dein Kontakt zu den anderen Boombokkz-Mitgliedern?
Gut. Digga Mindz und Def Ill haben halt nach wie vor den größten Output. Säbjul macht jetzt auch wieder mehr. Schade um Stixx und 5 Finga. Die sind meiner Meinung nach beide unter den besten MCs Österreichs. Ein Tag ohne Stixx- bzw. Finga-Punchline ist ein verlorener Tag.


Def Ill wurde in der Kategorie “HipHop/RnB” für einen Amadeus Award nominiert. Wie war deine Reaktion darauf?

Prestigegschicht. Ich habe mich für ihn gefreut. Er hätte es sich schon verdient…wobei, wer ist eigentlich noch nominiert? Trishes, Brenk. Auch leiwaund. Aufgrund seines Outputs und seiner ständigen Präsenz wäre Def Ill ein würdiger Gewinner. Wenn ihr also eine interessante Dankesrede hören wollt, dann votet für Def Ill (lacht).

Die Endentscheidung ist ganz dem Publikum überlassen. Wie schätzt du Def Ills Chancen ein?

Verschwindend gering (lacht). Vielleicht hätte er damals, als man noch mit Drehscheibe für seinen Favoriten wählen musste, Chancen gehabt. Aber so? Ein Nazar oder ein RAF Camora haben mehr Facebook-Fans als Linz Einwohner.

Gehen wir in medias res: Wie oft warst du schon im Mattersburger Pappelstadion?
(lacht) Ich bin zweimal im Jahr dort.

Inwieweit hat dich diese Zeit geprägt?
Wie kann ich jetzt nicht genau sagen, aber geprägt hat sie mich allemal.

Wie ist die Ilco#24 Nummer zu interpretieren? Ilco Naumoski als Gegenentwurf zu Modernisierung des Fußballs?
Ilco ist der Gegenentwurf zu Stefan Maierhofer. Die beiden haben sich über den Ballesterer medial ein wenig bekriegt. Naumoski hat in einem Interview gefragt, wer Maierhofer überhaupt sei und dass der alles immer nur geschenkt bekommen hätte. Außerdem hat er gemeint, dass Maierhofer nicht Fußball spielen kann, es aber aufgrund seiner Breite-Brust-Attitude überhaupt soweit gebracht hat. Über sich selbst hat Naumoski in diesem Interview gesagt, dass er diese Selbstverliebtheit zwar nicht so hat, dafür aber zumindest über eine gute Technik verfügt. Man sieht ihn eh schon immer durchdrehen und dann schimpft er auch noch öffentlich in einem Artikel über einen anderen, den ich zufällig auch nicht mag. Ich habe mir dann gleich gedacht, dass ich unbedingt ein Lied über ihn schreiben muss.

Das heißt Ilco Naumoski ist eine Art Held?
Naja. Ein Anti-Held, der mit dem Unguru schon so einiges gemeinsam hat.

Wie passt es zusammen, auf der Austria-Tribüne zu stehen und Sympathien für einen Gegenspieler zu haben, der noch dazu bei Rapid groß geworden ist?
Dieses Überspitzte, dieses idiotisch Provokative von ihm finde ich stark. Wenn ich irgendwann einmal eine Southpark Figur entwerfen könnte, dann wäre der Ilco die Figur für die österreichische Southpark-Ausstrahlung. Du stehst da auf der Tribüne und schreist selber Ilco Naumoski, Sohn einer so und so und steckst selber drinnen in dem Hass auf ihn…aber zwei Minuten später, wenn er den Ball ins Tor wurschtlt, zur Osttribüne rennt und seinen Mittelfinger ausstreckt, dann denkst du dir: eigentlich hast du recht, eigentlich liegen da jetzt viertausend Leute komplett falsch, weil: you are the man. Auf die Anspielung zur Rivalität mit Rapid kann ich nur sagen, dass es etliche Grüne in meinem Freundeskreis gibt. Am Derbytag ist die Devise klar, aber ansonsten ist das für mich kein Thema.

Ilco Naumoski ist also zur Kunstfigur gegen den modernen Fußball geworden?
Das wäre so das personifizierte Gleichnis. Er hätte ja die Chance: Jeder Fußballer strebt ja so danach, im Ausland unter Vertrag genommen zu werden, einen Manager zu haben und so weiter. Naumoski hingegen spielt schon sein halbes Leben, zuerst bei Klingenbach, dann beim GAK und seit fast zehn Jahren für den SV Mattersburg. Der will einfach nicht mehr und das passt auch schon so. Bei der Spielergeneration von Daxbacher, Sara & Co hat mir das auch getaugt. Die wollten nicht mehr. Man muss sich nicht um jeden Preis bis in die Lächerlichkeit selbst vermarkten. Heutzutage hat aber sogar Helge Payer eine eigene Homepage. Wo kommen wir denn da hin?! Viele wechseln ins Ausland und spielen dann im Endeffekt um dasselbe Butterbrot wie in Österreich. Was ist verkehrt daran, wenn man sich in Mattersburg wohl fühlt und mit dem Trainer und mit dem Manager gut befreundet ist und mit denen hin und wieder einen heben geht? Ich finde es jedenfalls sehr sympathisch, wie sich Naumoski sein Leben einteilen dürfte.

Verteilerkreisflavour“, eure Huldigungsnummer an die Wiener Austria, habt ihr zunächst anonym veröffentlicht…
Kurz nach der Veröffentlichung ist uns das bereits vorgeworfen worden, aber spätestens nach den ersten paar freundlichen Mails, die ich dann von anonymen Absendern bekommen habe, habe ich mir dann gedacht, dass das so schon ganz vernünftig war. Das Verteilerkreisflavour Thema ist nach wie vor haglich, weil es viele Verrückte gibt. Es ist immer noch ein anderes Pflaster. Das eine ist Rap, das andere ist Fußball. Ich bin von Haus aus kein aggressiver Typ und schon gar nicht der C-Kategorie zuzuordnen…Das Lied war einfach als Nummer von Fans für Fans gedacht. Ich gehe zur Austria, weil ich die Austria sehen will und nicht aus irgendwelchen anderen Gründen. Man wird heutzutage viel zu leicht schubladisiert, wir wollten aber nicht in irgendeinen Dunstkreis des Hooligan-, oder Kurven-Rap kommen, weil wir im Gegensatz zu mittlerweile vielen Rappern quer durch Europa nicht repräsentativ für eine Kurve voller unterschiedlichster Charaktere stehen wollen und können. Wir sind die gmiadlichen Burschen, die sich vor dem Spiel im Beisl antschechern, dann auf´s Match gehen, sich 90 Minuten lang für die Austria die Stimmbänder aus dem Leib schreien und dann wieder ins Beisl gehen. Mythos aufgedeckt.

 

Es wäre ein leichtes gewesen beim Video zum Beispiel dazu zu schreiben Neues Album von Monobrother vorbestellen unter…”
Ja, aber wir wollten eben nicht die Kurvenhelden sein. 98 % der Kurve ist es vollkommen egal, was ich da so raptechnisch oder auch ideologisch bringe. Außerdem wollte ich keine Lorbeeren für eine Bushido Coverversion einheimsen. Trotzdem freut es mich jedes mal, wenn ich jemanden mit dem Verteilerkreisflavour T-Shirt sehe.

Seid ihr wegen der “Verteilerkreisflavour”-Choreographie um Erlaubnis gefragt worden?
Ja und Nein. Es ist alles immer sehr schnell gegangen. Sowohl mit den Leiberln, als auch mit der Choreo. Im Endeffekt wurden der Kreiml und ich immer vor vollendete Tatsachen gestellt. So quasi, die zwei Waachschädln werden schon alles absegnen. Aber es hat eh alles gepasst. Ich finde die Graphik vom Leiberl cool und habe auch die Choreo grandios gefunden. “Verteilerkreisflavour” wurde sogar beim Derby über die Stadionboxen gespielt, da hat es mir schon die Patschen ausgezogen. Mit dem Lied hatten wir ein paar coole Momente, aber das war es dann auch schon wieder.

Interview: Jan Braula & Daniel Shaked
Fotos: Daniel Shaked
http://danielshaked.com, Assistenz: Alex Gotter http://alexandergotter.com
Mitarbeit: Julia Gschmeidler

Besonderer Dank gilt dem legendären Café Hawelka. (www.hawelka.at )

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