In der Rubrik Europe’s Exotic werfen wir einen Blick auf die Länder, deren Musik uns viel zu selten erreicht. Den Anfang macht ein Land auf der westlichen Balkanhalbinsel – Kosovo, ehemaliger Bestandteil von Jugoslawien und bis 2008 Teilregion von Serbien. 110 von 193 Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen erkennen die Republik Kosovo bereits als unabhängig an – Serbien, China und Russland tun das bis heute nicht. Trotzdem ist der Kosovo bereits Mitglied des Internationalen Währungsfonds und der Weltbank. Der Lebensstandard in dem ehemaligen kommunistischen Land ist niedrig, nach Angaben der Vereinten Nationen lebt fast jeder Zweite in absoluter Armut (weniger als 1,42 Euro pro Tag), die Arbeitslosigkeit liegt laut Schätzungen der Weltbank bei über 40 Prozent, bei Jugendlichen sogar über 70 Prozent. Organisierte Kriminalität und Korruption sind allgegenwärtig.
Musikalisch betrachtet spielt die Volksmusik noch eine wichtige Rolle im alltäglichen Leben und auch die zeitgenössische Musik ist von Folklore beeinflusst. Mit Mc Kresha und Era Istrefi wollen wir zwei recht unterschiedliche Künstler aus dem Kosovo vorstellen.
Mc Kresha
Wahre Größe! Mc Kresha, fast zwei Meter hoch, zählt zu den bekanntesten Rappern aus dem Kosovo. Mit den Releases “Lyrical Warfare” (mit Dr. Mic) und “Lej Flleshat” sicherte er sich einen Platz in der albanischen HipHop-Szene.
Der heute 31 Jahre alte Rapper veröffentlichte 2010 sein Debütalbum “Patikat E Mija”. Bereits im nächsten Jahr folgte das zweite. Gemeinsam mit Lyrical Son produzierte er “Për Inati T’njoni Tjetrit” (kurz P.I.N.T.). Namensgeber des Albums ist die im selben Jahr entstandene Vereinigung an Rappern, die hohe Ansprüche an ihre Werke stellt. Zwar gehören ihr mittlerweile viele Künstler an, doch ist es das Duo, das diese dominiert. In weniger als 24 Stunden erreichte das kürzlich hochgeladene Video von Mc Kresha “Era” eine halbe Million Views.
Era Istrefi
Da ihre Familie so dominant die Musikwelt im Kosovo beherrscht und ihre exzentrische Art und Provokation allgegenwärtig sind, könnte man bei Era Istrefi schon von einer Medienmacht sprechen. Die Musikerin hat nicht ganz so viel mit typischem HipHop gemein, ist aber durch die Einflüsse in ihrer Musik für diesen Beitrag erwähnenswert. “BonBon” nennt sich ihre neue, knapp dem Dance entgangene digitale Platte.
Die typischen HipHop-Moves scheint sie schon mal zu beherrschen. Ihre Markenzeichen sind die gemischt gegisch-englischen Lyrics und die ständige Entwicklung ihres Sounds, bei der sie fast sämtliche Genres streift. Größte Quelle der Inspiration ist Bob Marley, welchen sie regelmäßig zitiert. Kontakt zu Fernsehen und Musik hatte das 21 Jahre junge Gesangstalent schon in Kinderschuhen. 2003 startete ihre Schwester Nora Istrefi eine Karriere als Pop-Sängerin. Ihre Mutter war bis zum Tode ihres Mannes (Kameramann) vor zwölf Jahren ebenfalls Sängerin. Gegenwärtig lebt sie noch mit Mutter und Geschwistern zusammen.
Grundstein der eigenen Karriere war ihr Auftritt in einer TV-Show mit “Mani Për Money” 2013. Starke Aufmerksamkeit erlangte Era Istrefi durch “E Dehun” einen vom gleichnamigen Titel von Nexhmije Pagarusha angeregten Song. Kritisiert wurde von den serbischen Medien sowie der serbisch-orthodoxen Kirche das Musikvideo, in welchem sie in einer Kirche mit nur einem knapp bedeckenden Oberteil tanzte. Neben ihrer Karriere macht sich die Kosovarin auch für die Rechte Homosexueller stark. Bei den Videofest-Awards gewann sie die Auszeichnung des Best New Artist. Sie gehört zu den ersten Musikern ihres Landes, welche Reggae mit Pop mixen.
Sieben Singles brachte die Künstlerin mit der etwas weicheren Klangfarbe als Rihanna seither heraus. Über den großen Teich verschlug es sie bereits, womöglich fand sie dort ihren gegenwärtigen Klang. Am besten aber macht man sich sein eigenes Bild über den Reggae-, Trap-, RnB-Sound aus Kosovo.