Diverse Videos mit mehreren Millionen Klicks stellen keine Garantie für auch nur annähernd so starke Verkaufszahlen dar. Das wird vielleicht auch der ehemalige VBT-Teilnehmer 4tune zu spüren bekommen. Vor zwei Jahren entstand ein großer, mitreißender Hype um ihn. Stellte er noch vor zwei Jahren ein Zugpferd für jedes Battle-Turnier dar, muss man jetzt zu der ernüchternden Erkenntnis kommen, dass er womöglich seinen Hype nicht einmal im Ansatz ideal genutzt hat. Das Album scheint, wenn man mehrere Zahlen zu Rate zieht, mindestens ein Jahr zu spät zu kommen. Vor einem Jahr wäre wohl mehr als Platz 28 möglich gewesen. Der Weg bis zum Release von “Einer muss es ja tune“ war keineswegs ein leichter. So sollte das Werk zuerst den markanten Titel “Der fantastische Vier“ tragen, doch die Fantastischen Vier haben dies verhindert, und so mussten Fans des Rappers noch länger auf die lang ersehnte CD warten.
Über Baba Saad wird jene LP veröffentlicht und dieser lobte im Vorfeld, genauso wie 4tune selber, die Vielfalt des Werkes. Bemühungen in dieser Hinsicht kann man dem Mann aus Hamburg kaum glaubwürdig absprechen. Schnell wird klar, dass er von Anfang an darauf aus war, sich durch die Bearbeitung verschiedener Themen auch in anderen Bereichen als Battlerap zu beweisen. Diese Nische hat ihm zwar berühmt gemacht, doch es wäre schade, ihn nur darauf zu reduzieren. Die Entscheidung, “Dreams“ zum Auftakt des Debüts zu küren, ist gut. Allein schon der Fakt, zur Abwechslung mal eine persönlichere Seite von ihm zu sehen, kommt durchaus erfrischend daher.
Trotzdem ist genau dieser Song stellvertretend für Defizite, welche sich leider wie Würmer langsam, aber sicher durch das Album fressen. Zuerst sollte man die anscheinend unmotiviert produzierten Beats erwähnen. Die Lyrik des 26-Jährigen dagegen schwankt zwischen passend direkten, mit angenehmen Wortwitz ausgestatteten und stumpf in Szene gesetzten Wörtern. Konstante Qualität kann dadurch kaum entstehen. Dies spiegelt sich auch in den Geschichten wider, die 4tune dem Konsumenten erzählt. “Emma“ ist eine lauwarme Auseinandersetzung mit der fast schon ausgelutschten Drogen-Thematik. Der simple Track “DVD Abend“ schafft es nicht weiter als bis zur Kategorie einmalige, für einen kurzen Moment amüsante Unterhaltung.
Jene direkte Verbalität kann jedoch auch überzeugen. So stellt “Sie nahm ihn zur Frau“ ein solides, leider trotzdem zu keinem Zeitpunkt berauschendes Erlebnis dar. Viel erinnerungswürdiger ist dagegen der Ausflug in die Gedankenwelt eines Vegetariers. Unabhängig von persönlichen Ansichten kann man dem Titel eine gelungene Portion an Intensität nicht absprechen. Auch “Input“ wurde durchaus intensiv gestaltet. Die Konfrontation mit den menschlichen Abgründen gelingt dem Interpreten zwar an mehreren Stellen des Albums nicht, doch diese Auseinandersetzung ist ihm durch den Verzicht auf den lahmen Einsatz von Phrasen gut gelungen. Dieser Verzicht findet leider, auf Kosten des Produktes, nicht immer statt.
Vor allem zum Ende hin zeichnet sich diese Schwäche besonders stark ab. Teilweise kommt ihn sogar der Biss abhanden. Statt mit scharfen Zähnen seine Tracks zu schärfen, wird eine nicht mehr zeitgemäße Konfrontation bevorzugt. “So viele Fragen“ zum Beispiel sticht keineswegs durch so etwas wie Innovation heraus. Auf solches Füllmaterial hätte er ruhig verzichten können, denn es hätte dem Gesamtergebnis deutlich besser getan. Das alles wiegt jedoch nicht so schwer, wie der Fremdschämfaktor, welcher durch “What blows around comes around“ an manchen Stellen entsteht. Der Titeltrack stellt zwar ein Beweisstück für die Aussage, dass er sein Handwerk vollkommen versteht, dar, aber trotzdem wirkt das gesamte Album bis auf ein paar Ausnahmen sehr lieblos.
Fazit: Dass 4tune ein solider bis guter Rapper ist, steht außer Frage. Leider kann er jene Aussage mit seinem Debütalbum “Einer muss es ja tune“ kaum bis gar nicht unterstreichen. Von 08/15-Battlerap bis zu starken Rundumschlägen gegen die Gesellschaft ist hier alles möglich. Genau diese schwankende Qualität wird dem Werk zum Verhängnis.
(CS)